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Novosibirsk - Irkutsk

200306

Unser Zug fährt erst um Mitternacht. Wir checken aus dem Hotel aus und bringen das Gepäck zum Bahnhof. Wir spazieren im Quartier beim Bahnhof herum, fotografieren Häuser, Menschen, Autos. Was es eben so gibt in Städten. Wir trinken Kaffee und essen Cheesecake und Tri-Moloko in einem schicken Café im Park. Wir finden heraus, dass es ein altes, renoviertes Badehaus, das scheinbar von einem Schaffner 1909 gegründet wurde gibt - und gehen dorthin. Es ist tatsächlich ein altes und sehr schön renoviertes Badehaus. Durch ein hölzerne Garderobe und eine art Diner mit einem Flatscreen auf dem Hockey läuft, werden wir in den Badeberech geführt. Der ist nicht gross und weiss gekachelt. Es gibt zwei unterschiedlich heisse Saunen und zwei Massageräume und einen Aussenbereich mit einem kleinen kalten Bassin. Erst hat es nicht viele Gäste ausser uns. Wir freunden uns mit Roman Yuriwitsch an, der den Laden schmeisst. Er überredet uns zu einer Behandlung, bei der man in einem der kleinen Räume, auf einer Liege liegend, mit heissem Dampf malträtiert wird. Nach Feierabend füllt sich das Haus. Das Publikum besteht aussliesslich aus Männern die alle mit ansehnlichen Bäuchen und kurz geschorenen Schädeln ausgestattet sind. Während Yuri in der Spezialbehandlung leidet werde ich freundlich aber bestimmt mit allen anderen in die Sauna gebeten. Die Männer sitzen dicht beieinander auf den Bänken und tragen spitze Filzhüte, die ein bisschen an den Kuckucksclan erinnern. Roman Yuriwitsch stellt mich allen vor und einer meiner neuen Freunde leiht mir seinen Hut. Der Hut schützt die Glatzen vor dem Dampf, den Roman Yuriwitsch mit einem grossen Fächer über unsere Körper peitscht. Roman Yuriwitsch stellt die beiden mageren Schweizer der versammelten Mannschaft vor und alle klatschen in die Hände.
Während die Stimmung im Dinner ausgelassen wird und HK Sibir Nowosibirsk gegen Awtomobilist Jekaterinburg 2:1 führt verabschieden wir uns.
Wir kaufen Essen für unterwegs und essen Essen in einer Pizzeria. Die Pizza ist mässig, die Pasta nicht gut und viel zu wenig. Am Bahnhof esse ich ein Sandwich, das hingegen ist richtig schlecht. Dafür ist der Bahnhof schön und eine ruhige und friedliche Stimmung herscht. Das Licht ist gedimmt und kommt von riesigen Kronleuchtern. Die Kathedralen des Kommunismus sind die Bahnhöfe.
Im Zug zieht die Schaffnerin die Peltzmütze und den schweren Mantel, mit dem sie an der Haltestelle der eisigen Kälte trotzt, bindet eine Schürze um und schrubbt die Gänge. Wenn sie lacht, blitzen ihre Goldzähne. Die junge Frau in unserem Abteil hat in Novosibirsk ihr Visum für Deutschland abgeholt. Dreissig Stunden hin und dreissig Stunden zurück. Am Montag fliegt sie nach München für ein Au-Pair-Jahr. Sie hat Deutsch und Englisch studiert. Der Mann gegenüber war für eine Herzoperation in Novosibirsk.
An den Haltestellen wird das Eis von den Fahrgestellen und den Bremsen geschlagen. Die Landschaft verändert sich kaum merklich. Immer mehr Tannen mischen sich unter die kleiner werdenden Lärchen um den vorbeifahrenden Zug mit vielsagender Mine zu ignorieren.




Tri-Moloko und ein Malaka










Фото: Yuri