up next page previous page
Jekaterinburg - Novosibirsk

200302

Am Mittag fährt unser Zug von Jekaterinburg nach Novosibirsk. Jetzt wissen wir schon besser, wie alles geht. In unserem Abteil, das kein Abteil ist, sind drei freundliche Männer. Iwan ist Musiklehrer und lebt in Novosibirsk. Einer ist aus Aserbaidschan und macht die ganze Zeit Witze über Chinesen und Hitler, die wir leider zum Glück nicht verstehen. Er fährt die ganze Strecke von Moskau nach Vladivostok. Sechs Nächte im Zug. Der dritte ist ohne Pause am Gamen und steigt in Omsk aus. Iwan lehrt uns ein bisschen Russisch. Wir reden über Automarken (dass sie die Schweiz mit Schweden verwechseln merken dir daran, dass sie denken Volvos würden in der Schweiz hergestellt) und Grossstädte und deren Einwohnerzahlen. So lernen wir zählen.
Wir haben Plätze, also Betten im letzten Wagen gebucht. Aber hinter uns ist noch ein Wagen. Dieser hat keine Fenster und wird von einer Menge Polizisten mit böse knurrenden Hunden bewacht. Gefangenentransport, erzählt man uns. Und tatsächlich, in Ischim und in Omsk werden, mitten in der Nacht, Gefangene in Alltagskleidung und mit Sporttaschen, ausgeladen und von noch mehr Polizei in Empfang genommen. Mit Schalamows 'Erzählungen aus Kolyma' im Kopf mahle ich mir das schlimmste aus. 15 Jahre Straflager bei Wasser und Brot bei 50 Grad Frost. Artikel 58: konterrevolutionäre Tätigkeit. Jetzt sind wir in Sibirien. Die Sonne scheint.

Novosibirsk ist die Hauptstadt Sibiriens. Wir wohnen im Hotel Zentralnaia. Unten ist die Fun Craft Bar mit einem riesigen Graffiti-Konterfrei von Steve Jobs. Novosibirsk scheint viel lebendiger als Jekaterinburg. Es hat eine grosse Universität, ein Binnenhafen, eine Metro mit zwei Linien, deutsche Bäckereien und Cafés mit cold brew slow drip im Angebot.




Фото: Yuri










Фото: Yuri










Фото: Yuri










Foto:Yuri










Фото: Yuri